Queer + Indie: THE HIDDEN CAMERAS

Popmusik bin ich meist eher skeptisch gegenüber. Irgendetwas fehlt immer, entweder die richtige Stimmung und Energie oder der Inhalt. Beides in Kombination ist eher selten.

Bands, die mit ihrer Musik etwas vermitteln wollen und diesen Inhalt nicht nur in der Musik, sondern auch visuell umsetzen können, sind noch seltener. Daher bin ich immer auf der Suche.

THE HIDDEN CAMERAS werden immer wieder mit den Begriffen queer + Indie in Verbindung gebracht. Zwar ist der Hinweis „queerer Indie-Pop“ noch nicht sehr aussagekräftig, aber bei THE HIDDEN CAMERAS scheint es, als ob sie sich von der Beliebigkeit und Belanglosigkeit des Pop-Mainstreams abheben. Die aus Toronta stammende Band ist ein loses Kollektiv rund um Sänger und Songwriter Joel Gibb, der die Musik der Band mal als gay church-folk beschrieben hat. Inzwischen lebt Joel Gibb teilweise in Berlin, wo er anscheinend die Kirche gegen das Berghain eingetauscht hat, jedenfalls hört man der Musik den Folk nur noch bei wenigen Liedern an.

Am 4. November spielen THE HIDDEN CAMERAS im kmh auf Kampnagel.

The Hidden Cameras auf Kampnagel. Foto: Adrian Anton

The Hidden Cameras auf Kampnagel. Foto: Adrian Anton

Nachtrag zum Konzert: Die Musik überzeugt mich nicht immer, und irgendwie hatte ich mir mehr Inhalt erhofft. Aber so ist das wohl mit Popmusik: Da scheint es auszureichen, wenn eine Goldschleife um die schönen Männerkörper gebunden wird… #AllThatGlittersIsNotGold

Aber die Videos finde ich absolut sehenswert, da sie den Inhalt der Lieder besser transportieren als Joel Gibbs das Live tut oder zumindest auf Kampnagel getan hat:

Das Video zu GAY GOTH SCENE ist wie ein Kurzfilm über homophobe Gewalt und Mobbing unter Jugendlichen. Bietet sicher nicht nur mir viele Identifikationsmöglichkeiten… ich erinnere mich noch gut an Eier, die mir von einer Jungsgang auf dem Weg nach Hause an den Kopf geschmissen wurden… Das Video ist zwar sehr beklemmend, aber auch sehr eindeutig. Von Anfang bis Ende ist alles klar und vorhersehbar, wie in einer griechischen Schicksalstragödie oder einem pädagogischen Lehrfilm. Mir fehlt da ein wenig der Bruch mit Stereotypen.

Bei dem Video musste ich an das Video von THE KNIFE zu PASS THIS ON denken, das sehr gelungen mit den Erwartungshaltungen und stereotypen Rollenbildern spielt und sozusagen eine positive Sozial-Utopie zeigt:

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