Anders als bei Filmen kommt es bei Theaterstücken eher selten vor, dass ich mir eine Inszenierung mehrfach ansehe. Mit Ausnahme der zwölfstündigen Wahnsinnsvision BORKMAN von Vegard Vinge + Ida Müller im Prater der Volksbühne, die ich dreimal überlebt habe und deren Folgeschäden ich jetzt noch spüre.
Gestern habe ich die SCHULE DER FRAUEN nach Molière in der Inszenierung von Herbert Fritsch am SchauSpielHaus Hamburg zum zweiten Mal gesehen. Warum? Eigentlich bin ich kein großer Freund von Komödien, vor allem am Theater. Meist stolpern Inszenierungen auf dem schmalen Grad zwischen witzig-gemeint und peinlich-gemacht und versuchen sich ängstlich in eine ironische Haltung zu flüchten. Herbert Fritschs SCHULE DER FRAUEN hingegen scheint mit kindlichem Übermut auf Messersschneide zwischen Komödie und Tragödie, zwischen Höhenflug und Fall zu tanzen.
Diese SCHULE DER FRAUEN ist eine absolut künstliche und irgendwie surreale Welt, mit wilden Gesten und Grimassen, skurrilen Kostümen und einer hoch-artifiziellen Sprache, in der Poesie und Kalauer dicht beieinander liegen. Eigentlich würde ich über Wort-Witzchen wie „Schlappschlanz… Schwappschwanz… Schlappschwanz“ kaum müde lächeln, aber hier entfaltet das Szenario eine Sog-Wirkung, der sich auch mein Zynismus nicht verweigern kann. Muss am großartigen Ensemble liegen, zum Beispiel Joachim Meyerhoff, der wie eine Mischung aus Don Juan und Murnaus Nosferatu – allerdings auf Amphetaminen – wirkt, denn andere Fritsch-Inszenierungen wie DIE [S]PANISCHE FLIEGE an der Volksbühne habe ich als bestenfalls nett empfunden, den RAUB DER SABINERINNEN am Thalia Theater nicht einmal als unterhaltsam.